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Die Kraft des Nichtwissens

Wir quellen über von der Informationsflut, die uns täglich entgegen kommt und sich mit unserem eigenen Wissen und Wissen wollen paart. Doch aus Vielwissen erwächst keine wirkliche Vision, kein weiser Handlungsimpuls.

In der Stille der Kontemplation üben wir uns darin, unser dualistisches, urteilendes Denken zur Ruhe zu bringen und uns ganz dem Nicht-Wissen hinter allem Wissen zu überlassen. Wir werden „geistlich arm“ in einer Haltung innerer Offenheit für das unverfügbare Geschenk universalen Wissens und wahrer Weisheit. Es ist eine adventliche Haltung, mit der wir uns wie MARIA dem „Mir geschehe nach Deinem Wort“ verfügbar machen.

Pia Gyger, Zenmeisterin und Mitbegründerin der Kontemplationsschule via integralis, hat uns ein Gebet hinterlassen, das aus dem Vertrauen in das Nicht-Wissen gesprochen ist: „Christus, Dein Reich komme, Deine Welt bleibe, zeige uns, was wir tun sollen.“ Sie kannte diesen inneren Raum des Nichtwissens, diese Empfänglichkeit, die sich für die Wesenswirklichkeit öffnet und für die Erfahrung der Einheit allen Lebens. Pia Gyger war beseelt von der Vision, dass die Menschen, Völker und Nationen erwachen und sich als Menschheitsfamilie erkennen. Ihr ganzes Lebenswerk war davon durchdrungen. Die Wegbegleiterin von Pia und Zenmeisterin Anna Gamma setzt im Zenzentrum Offener Kreis Luzern wirksame Akzente und Impulse internationaler Vernetzung, Friedens- und Versöhnungsarbeit, sowie einer regelmäßigen online-Meditation und Austauschbegegnung mit Menschen aus den Philippinen, Kalifornien, Nahost, Afrika und Europa.

Die „Illusion der Getrenntheit“ und das Wunder unserer unausweichlichen Verbundenheit mit allen Geschöpfen, mit der Erde und dem Kosmos, wird uns im Geschehen der Covid-19-Pandemie unwiderruflich vor Augen geführt. Die große ökologische Krise steht dem in nichts nach, wie auch die weltweite Migrationskrise. Und nirgends ist eine Lösung in Sicht.
Die 2015 ins Leben gerufene Initiative der via integralis „Meditieren für eine friedliche Welt“ will darauf Antwort geben. Es ist eine Einladung an Menschen, sich im Advent in der Medita
tion zu verbinden und sich persönlich Zeit zu nehmen, die eigenen Gewissheiten und Vorstellungen zur Ruhe zu bringen und sich der Botschaft der Stillen Nacht in der Tiefe ihres eigenen Herzens zu öffnen: FRIEDE AUF ERDEN!

Wissen und Wissenschaft, so segensreich ihre Erkenntnisse sind, werden die Menschheit und den Planeten nicht alleine retten können. Die Wurzeln der Krisen liegen im menschlichen Herzen. Al Gore, der ehemalige US-Vizepräsident schreibt: “Je tiefer ich nach den Wurzeln der globalen Umweltkrise suche, desto mehr bin ich davon überzeugt, dass sie die äußere Erscheinung einer inneren Krise ist, einer – in Ermangelung eines besseren Wortes – spirituellen Krise“.

Das Sitzen in Stille macht empfänglich für das notwendende neue Bewusstsein. Es erwächst aus der in unserer Zeit so dringlich ersehnten Christusgeburt in uns, die unserem Handeln Richtung und Liebe gibt. Die Synergie einer Gruppe ist dabei wirkmächtig. In der Offenheit des Nicht-Wissens und aus der Erfahrung tiefer Verbundenheit wird das Neue geboren.

Gabriele Geiger-Stappel